Dennis Krauß wurde 1991 in Berlin geboren. Er studierte Regie an der Hochschule für Musik «Hanns Eisler» Berlin. Im Anschluss assistierte er Regisseuren wie Michael Thalheimer, Ersan Mondtag und Kay Voges am Schauspiel Frankfurt und am Berliner Ensemble. Eine kontinuierliche Zusammenarbeit verbindet ihn seitdem mit dem Regisseur Ulrich Rasche, als dessen künstlerischer Mitarbeiter er zuletzt bei den Salzburger Festspielen, am Residenztheater München, am Burgtheater Wien, an der Staatsoper Stuttgart und am Grand Théâtre de Genève arbeitete. 
Eigene Regiearbeiten zeigte er ab 2012 im Heimathafen Neukölln und am Hebbel am Ufer in Berlin. Am Schauspiel Frankfurt inszenierte er «Eine Weihnachtsgeschichte» von Charles Dickens (2015) sowie «Caligula» von Albert Camus (2017). Am Berliner Ensemble entstand die Uraufführung von Bertolt Brechts «Der Lebenslauf des Boxers Samson-Körner» (2018) und im Rahmen der Bayreuther Festspiele «Tristan und Isolde für Kinder» (2021). Am Theater Aachen debütierte er jüngst mit Benjamin Brittens Oper «A Midsummer Night‘s Dream» (2022), für die er auch das Bühnenbild entwarf. In der Spielzeit 2023/2024 debütiert er als Regisseur und Bühnenbildner am Theater Krefeld-Mönchengladbach und am Theater Chemnitz.
ARTIST STATEMENT
In meiner Arbeit als Regisseur, Bühnenbildner und Lichtdesigner versuche ich traditionelle Gesetzmäßigkeiten des (Musik-)Theaters mit einer modernen und visuell ansprechenden Form der Darstellung zu vereinen. Angetrieben bin ich von der Sehnsucht nach einem zeitgemäßen szenischen Ausdruck, welcher die suggestive Kraft der Werke entfaltet. Im Zentrum meiner Arbeit steht dabei immer wieder das Zusammenwirken von Musik, Bewegung und Licht. In vornehmlich abstrakten, geometrisch strukturierten Bühnenräumen versuche ich aus dem Geist der Musik eine ganz eigene minimalistisch-stilisierte Theatersprache zu entwickeln. Der skulptural-körperliche Ausdruck des singenden Menschen steht hierbei im Fokus.
»Das musikalische Drama muss so gespielt werden, dass bei keinem einzigen Zuschauer auch nur eine Sekunde die Frage auftaucht, wieso dieses Stück gesungen und nicht gesprochen wird. Die Musik, bestimmend für den Zeitablauf des Bühnengeschehens, gibt den Rhythmus an, der nichts gemein hat mit dem Alltäglichen. Das Leben der Musik ist nicht das Leben der alltäglichen Wirklichkeit. Der szenische Rhythmus, sein inneres Wesen, ist das Gegenteil des wirklichen, des alltäglichen Lebens.« - Wsewolod Meyerhold
Neben den Gedanken W. E. Meyerholds zum „Stilisierten Theater“ spielen die Ideen der Minimal-Art und ihrer Ableger eine große Rolle für meine Arbeit. Anstelle des Versuchs vereinzelte Handlungsaspekte in ihrer historischen oder heutigen Relevanz auf der Bühne zu beglaubigen, möchte ich durch meine Inszenierungen die Autonomie der Werke - insbesondere im Vergleich zur Wirklichkeit - betonen. Entgegen eines markanten Selbstausdrucks stehen für mich Präzision und Gesetzmäßigkeit in der Analyse, der Interpretation sowie der Umsetzung im Vordergrund. Das Ziel ist es, das Publikum in eine selbst-erschaffene Beziehung mit dem Werk zu versetzen. Ohne Vorwissen sollen sowohl die Essenz der dramatischen Handlung, die innere Struktur der Komposition wie auch die inhärente Überzeugung des jeweiligen Werkes erkennbar werden. Mein unbedingter Wunsch ist es, auf diese Weise die Rezeption der Opernliteratur zu demokratisieren und zu öffnen.
»Es ist, was es ist und es ist nichts Anderes.« - Dan Flavin
In meinen Inszenierungen suche ich nach der größtmöglichen Sogwirkung, die durch die spannungsgeladene Korrespondenz von kompositorischem und szenischem Ausdruck entstehen kann. Häufig verwende ich hierfür ein gestisches Repertoire, welches vergleichbar mit der Pantomime aus Stummfilmen ist. Die Abstimmung der Bewegungssprache auf die jeweilige Figur, ihre dramaturgische Funktion und ihre musikalische Agogik sind dabei entscheidend. Der Fokus auf den zeichenhaften Charakter der Bewegung stellt für mich zudem eine Antwort auf die Frage nach Repräsentation in der Besetzung dar: Analog zur musikalischen Besetzung rücken Fragen nach Aussehen und Identität hinter objektiv-handwerkliche Fähigkeiten bzw. stellen sich abseits der szenischen Handlung.
Auch die Bühnenräume versuche ich nach anti-illusionistischen Prinzipien zu gestalten. Häufig greife ich hierfür zurück auf geometrische Formen, satte Farben und einen ausschöpfenden Einsatz der Bühnenmaschinerie. Überlegungen zu einem ökologischen und nachhaltigen Produzieren spiegeln sich für mich in der vorrangigen Verwendung von Bestandsmaterial (z. B. Horizont- und Samt-Aushänge, Podeste, Treppen) sowie der Konstruktion modularer Bühnenelemente aus dem natürlichen Rohstoff Holz. Das kalkulierte Zusammenspiel von aufgetragenen Lacken und Farben mit einer präzisen Lichttechnik, ermöglicht eine optische Dynamik, welche das exaltierte Musik- und Körpertheater von jeglichem Realitätsanspruch befreit und die Bewegung der Musik und szenischen Aktion unterstützt.
»Das Kunstwerk ist eine imaginäre Insel, die rings von Wirklichkeit umbrandet ist.« - José Ortega Y Gasset
Der ganzheitliche Anspruch meiner künstlerischen Praxis zielt letztendlich darauf ab, die Kunstform (Musik-)Theater in ihrem Selbstverständnis als emotional-wirkende Form ästhetischer Reflexion der Wirklichkeit zu bestärken. Theatralität bedeutet für mich eine raumgreifende Erfahrung von Vitalität, Fantasie und Imagination. Diesen intuitiven und inklusiven Zugang möchte ich teilen. Mit den Menschen auf, hinter und vor der Bühne.