Tristan und Isolde
von Richard Wagner

Theater Regensburg
Premiere am 29. September 2024

Musikal. Leitung GMD Stefan Veselka
Regie Dennis Krauß
Ausstattung Kristopher Kempf
Licht Maximilian Rudolph
Choreinstudierung Lucia Birger
Dramaturgie Ronny Scholz

Fotos (c) Sylvain Guillot
„Dennis Krauß, der „Tristan und Isolde“ 2021 in einer Version für Kinder in Bayreuth aufführte, und sein Ausstatter Kristopher Kempf belassen das Stück im nautischen Ambiente. Die Löcher in den angerosteten Metallwänden erinnern an Bullaugen und lassen sich zumal für die raffinierte Lichtregie nutzen. Das Liebesduett im zweiten Aufzug gestaltet das Ensemble so als kollektives Crescendo, bei dem Beleuchtung, das von Stefan Veselka umsichtig geleitete Philharmonische Orchester Regensburg und Gesang eine quasi endlose gemeinsame Steigerung durchmachen. […] Auch die offensichtlichen dramaturgischen Schwierigkeiten — was soll man mit den Figuren auf der Bühne anstellen, wenn sie ja nicht wirklich handeln? — verflüchtigen sich in der sängerischen wie darstellerischen Leistung und einer konzisen Regie. Wenig körperlicher Eros wird dargestellt, dafür verschränkt das nicht höfisch legitimierte Paar die Hände in Form einer Taube, die als visuelles Leitmotiv durch die Inszenierung flattert. Und so sinken König Marke im einprägsamen Schlusstableau ein paar weiße Federn auf den Kopf: der verstörte König, der seine Enttäuschung über Tristans Untreue schon vorher im großen Monolog mit nobel erzenem Bass (Roger Krebs) vorgebracht hat, umgeben von Leichen. […] im prägnanten Diktum eines Oberpfälzer Premierenbesuchers: „Für die Länge war’s sehr kurz.“
Paul Schäufele, Süddeutsche Zeitung, 29.09.2024

„[…] die Inszenierung von Dennis Krauß, der die Regie im Juli für den erkrankten Johannes Reitmeier übernahm, vermeidet die ganz großen Längen der typischen Wagner-Welt durch ein mögliches Maximum an Personenführung. Es ist immer was los, die Herren des Opernchores sind nach Möglichkeit stets im heruntergekommenen und verrosteten Inneren des riesigen Schiffsrumpf unterwegs. Ein unwirklicher Ort, der von vornherein Aussichtslosigkeit und Trostlosigkeit zeigt und keinerlei Hoffnung auf ein gutes Ende zulässt, auch wenn die durchdachte Lichtdramaturgie (Maximilian, Rudolf und Dennis Krauß) mit aufflackernden Neonröhren immer wieder mit einer vermeintlichen Zuversicht spielt. Kirstin Sharpin und Corby Welch […] gelingt die Komplexität ihres vielschichtigen Liebesdramas zu erzählen, und sie können aus den Wagner’schen Verschwurbelungen und Überhöhungen zu einer greifbaren und authentischen Wahrhaftigkeit finden, die tatsächlich anrührt […] Viel mehr ringt die Inszenierung dem einst als unaufführbar geltenden Werk eine fast kammermusikalische Seite ab, die sich nicht nur allein auf die Macht der Musik verlässt. Dafür gab es den begeisterten Applaus des Publikums, unter den sich ohne erkennbare Zuordnung einzelne Buhrufe mischten. Den Eindruck einer höchst gelungenen und souveränen Premiere konnte dies jedoch nicht einen Moment schmälern.“
Andreas Meixner, Das Opernglas, 01.11.2024

„Die Unruhe während des ersten Aufzugs ist aber wohl der einzige Vorwurf, den man Krauß‘ Inszenierung machen kann. Abgesehen davon glänzt der Jungregisseur mit einer Personenregie, von der sich manches große Opernhaus noch eine Scheibe abschneiden kann. […] Dieser Tristan ist vom ersten Augenblick an panisch. Mag er nur vor Kurwenal und Brangäne noch selbstsicher und unnahbar wirken, allein mit Isolde will er nur eines: weg. Er sucht nach Auswegen, drückt sich in kleinste Ecken, um Abstand von der Frau zu gewinnen, deren Verlobten er einst getötet hat. In mancher Inszenierung wirkt Tristan neben Isolde etwas blass – hier ist er von Anfang an eine deutlich greifbare Figur. […] Der Sarkasmus, mit dem Isolde im ersten Aufzug ihrem Umfeld begegnet, ist selten deutlicher ausgespielt worden. […] Der Abend vergeht wie im Flug und es ist klar: Wer diese Saison erstklassigen Wagner sehen will – der muss nach Regensburg.“
Adele Bernhard, Das Opernmagazin, 08.10.2024

„Regisseur Dennis Krauß inszeniert Wagners Oper mit schlüssigem Konzept. […] Dass hingegen Krauß, der längst auch an Häusern wie Aachen oder Chemnitz inszeniert, sich eingehend damit auseinandergesetzt hat, ist bei der Premiere am Samstag unübersehbar. Selten sieht man eine so punktgenaue, reflektierte Personenregie, spürt man so viel Beziehungsarbeit.
Der hermetische Raum, den Ausstatter Kristopher Kempf dafür erdacht hat, erinnert im ersten Akt an den Rumpf eines Containerschiffs, später an einen Bunker. Hierher wird Isolde, das Königskind aus dem jüngst im Krieg besiegten Irland, verschleppt, brutal in den Raum geschubst, sexuell belästigt und verhöhnt. 
Dennis Krauß spart sich interpretatorische Klimmzüge, nur die Grausamkeit und der Krieg, der hier der Brautwerbefahrt als Folie unterlegt wird, sind Hinzufügungen. Sie bedingen die hier allgegenwärtige Gewalt, viel Knallerei mit modernen Schusswaffen und machen sogar den sonst stets friedlichen König Marke zum Aggressor und Mörder. […] eine mehr als nur respektable Produktion, die durchaus auch an einem größeren Haus Bestand gehabt hätte […]“
Sabine Busch-Frank, Mittelbayrische Zeitung, 29.09.2024

„Diese Aufführung kann in jeder Hinsicht beeindrucken. Das fängt schon mit der Regie von Dennis Krauß an, der zusammen mit dem Ausstatter Kristopher Kempf eine ausdrucksstarke und berührende Produktion auf die Beine gestellt hat, welche ohne große Effekte auskommt und dennoch– oder gerade deshalb– für Gänsehaut-Atmosphäre sorgt. […] Die Bewegungsabläufe sind gut durchdacht und lassen raffinierte Details erkennen. Die somit entstehenden Bilder entfalten beim Publikum eine große emotionale Wirkung und vermögen zu fesseln. […] Somit war der lang anhaltende und intensive Schlussapplaus für diese trotz der enormen Länge nicht ermüdende Produktion am Premierenabend im Theater am Bismarckplatz für alle Beteiligten absolut gerechtfertigt.“
Stefan Rimek, Regensburger Zeitung, 30.09.2024

„Es gelang, mit Dennis Krauß einen jungen, vielseitigen Regisseur zu finden, der 2021 zu den Bayreuther Festspielen für Kinder diese Oper mehr mit ihren handlungstreibenden Momenten eingerichtet hatte. In Regensburg stellt er den Aspekt einer Kammeroper in den Mittelpunkt, die eine genaue Zeichnung der Rollen fordert. […] Konventionen und Zwänge, in denen sie sich bewegen, wirken wie ein innerlicher Panzer, verhindern eine selbstbestimmte Existenz. Ihr hermetischer Raum, in den sie auch gefühlsmäßig eingeschlossen sind, ist im Bühnenbild von Kristopher Kempf treffend wie ein Bunker ausgestaltet […] Krauß hat in dem eher handlungsarmen Stück einiges an Bewegung integriert: Markes Soldaten, klangschöner Männerchor des Theaters, rennen adrenalinreich über die Bühne, fuchteln mit Maschinenpistolen anstatt Schwertern; eine die Bühne überspannende Stahlbrücke wird hinauf- und herabgesteuert. […] Eine beachtliche Leistung an diesem vielseitigen Haus, Uraufführungstheater wie spartenübergreifendem Multitalent, das in der kommenden Saison zum Bayerischen Staatstheater ernannt werden wird!“
Michael Vieth, Bachtrack, 15.10.2024